"Wie geht’s? – Ach passt schon!" - Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen
Die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten bei der Arbeit ist ein wichtiges Anliegen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Neben körperlichen Belastungen, wie Rückenschmerzen oder Allergien, können auch psychische Belastungen, wie Arbeitsverdichtung, Zeitdruck oder unklare Anweisungen, die Gesundheit beeinträchtigen. Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet den Arbeitgeber, solche Belastungen möglichst zu vermeiden oder zu verringern (§ 4 Ziff. 1 ArbSchG). Dazu gehört auch die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen.
Was ist eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen?Eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist ein systematischer Prozess, um die psychischen Belastungen bei der Arbeit zu ermitteln, zu beurteilen und zu reduzieren. Psychische Belastung meint dabei die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken (DIN EN ISO 10075-1 2000). Zu hohe oder zu niedrige psychische Belastungen können zu arbeitsbedingtem Stress, Unzufriedenheit, Burnout oder anderen psychischen Erkrankungen führen. Die Träger der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) haben eine gemeinsame Empfehlung zur Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung veröffentlicht. Diese umfasst folgende Schritte:
• Ermittlung der psychischen Belastung bei der Arbeit
• Beurteilung der psychischen Belastung und ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit
• Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Belastungssituation
• Kontrolle der Wirksamkeit der Maßnahmen
Wie kann die psychische Belastung ermittelt werden?Die Ermittlung der psychischen Belastung kann auf verschiedene Weise erfolgen, zum Beispiel durch Beobachtungen, Interviews, Dokumentenanalysen oder Mitarbeiterbefragungen. Eine gängige Methode ist die Fragebogenerhebung, bei der die Beschäftigten anonym zu verschiedenen Aspekten ihrer Arbeit befragt werden, wie zum Beispiel Arbeitsaufgaben, Arbeitsorganisation, Arbeitsumgebung, Arbeitsklima oder Führung. Die Fragebögen sollten spezifisch und valide sein, das heißt, sie sollten die relevanten Belastungsfaktoren erfassen und zuverlässige Ergebnisse liefern.
Das Team der AGA Service GmbH hat zusammen mit mir einen wissenschaftlich fundierten, kompakten Online-Fragebogen entwickelt, der einen ersten Überblick zur Belastung der Beschäftigten geben kann. Damit wird es leichter fallen, psychische Gesundheit zu thematisieren.
Der Online-Fragebogen wurde basierend auf arbeitspsychologischen Items aufgebaut und zu einem kompakten und standardisierten Tool entwickelt. Die Auswertung erfolgt in einem sehr übersichtlichen Ampelsystem. Arbeitgeber können direkt Bereiche mit geringer Belastung (grün) bis hin zu hoher Belastung (rot) erkennen und entsprechende Maßnahmen einleiten.
Wie können die Maßnahmen umgesetzt werden?Die Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Belastungssituation sollten unter Beteiligung der Beschäftigten und der Führungskräfte entwickelt und umgesetzt werden. Dabei sollten möglichst unter fachspezifischer Moderation individuelle Reflexions-Gespräche erfolgen und/oder Workshops mit den Beschäftigten und den jeweiligen Führungskräften durchgeführt werden. Die Maßnahmen sollten zielgerichtet, realistisch und verbindlich sein. Sie können sich zum Beispiel auf die Anpassung der Arbeitsaufgaben, die Verbesserung der Arbeitsorganisation, die Gestaltung der Arbeitsumgebung, die Förderung der Kommunikation oder die Qualifizierung der Führungskräfte beziehen.
Wie kann die Wirksamkeit der Maßnahmen kontrolliert werden?Die Wirksamkeit der Maßnahmen sollte regelmäßig überprüft werden, um zu sehen, ob sie die gewünschten Effekte erzielen. Dazu können zum Beispiel erneute Mitarbeiterbefragungen, Gesundheitsdaten, Fehlzeitenstatistiken oder Mitarbeitergespräche herangezogen werden. Wenn die Maßnahmen nicht ausreichend wirken, sollten sie angepasst oder ergänzt werden.
Warum ist die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen wichtig?Die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch eine Chance, die Arbeitsbedingungen und die Gesundheit der Beschäftigten zu verbessern. Insbesondere in Zeiten von hohem Fachkräftemangel bei einem gleichzeitig hohen Stand an Fehlzeiten aufgrund psychischer Beschwerden sollte jedes Unternehmen den Gefährdungsprozess psychischer Belastung beherzigt umsetzen. Gesunde und motivierte Beschäftigte sind ein wichtiger Erfolgsfaktor für jedes Unternehmen.
Link:
https://www.aga.de/leistungen/studien-employer-branding/gbpsychBeitrag im AGA Magazin 2024, S. 72-73:
https://www.aga.de/fileadmin/user_upload/News/News_2023/Magazin_2024/AGA_360___Magazin_2024.pdf[20.11.2023]